Offene Briefe an…

Bischof Dr. Gerhard Feige, Magdeburg,
Rainer Kardinal Woelki, Köln

Pastor Dr. Rudolf Weth
Vizepräsident der deutschen Region
der Internationalen Ökumenischen
Gemeinschaft (IEF)
Wiesfurthstraße 13 a,
47506 Neukirchen-Vluyn
23. Juli 2018
 

An den Bischof von Magdeburg
und Vorsitzenden der Ökumenekommission der Deutschen Bischofskonferenz

Dr. Gerhard Feige
Max-Josef-Metzger-Straße 1
39104 Magdeburg

Offener Brief zur

Teilnahme konfessionsverbundener Ehepaare an der Eucharistie

Sehr geehrter Herr Bischof Feige,
lieber Bruder in Christus,

mit großer Aufmerksamkeit und Dankbarkeit haben wir – Mitglieder der Ihnen seit unserer Wittenberg–Tagung 2017 besonders bekannten IEF, unter ihnen viele konfessionsverbundene Ehepaare – Ihre entscheidende Mitwirkung am Zustandekommen der Handreichung der Deutschen Bischofskonferenz zum Thema „Konfessionsverschiedene Ehen und gemeinsame Teilnahme an der Eucharistie“ vom Frühjahr d.J. zur Kenntnis genommen.

Insbesondere aber danken wir Ihnen für Ihre entschlossene theologische und pastorale Reaktion auf die Initiative jener sieben deutschen Bischöfe, die sich nach der mehrheitlichen Zustimmung durch die Deutsche Bischofskonferenz mit der Bitte um Klärung an Rom gewandt haben: „Versteht man die katholische Kirche als ein geschlossenes Lehr- und Rechtssystem, das keinerlei pastorale Ausnahmen duldet, oder ist es nicht in manchen Einzelfällen um des Seelenheils willen sogar geboten, gelegentlich davon abzuweichen?“ (Chance nicht vertun, 2.Mai 2018, S.1) „Statt Verboten braucht man eher Leitsätze, Empfehlungen und Orientierungshilfen, die Wege aufzeigen und Gewissen bilden.“

Aber nun hat doch der Vatikan in Gestalt der Glaubenskongregation mit ihrem Vorsitzenden Erzbischof Luis Ladaria und mit Berufung auf Papst Franziskus „eine möglichst einmütige Regelung“ durch die Deutsche Bischofskonferenz angemahnt. Eine Mahnung, auf die Kardinal Marx als Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz mit dem zuversichtlichen Hinweis auf eine einvernehmliche Lösung im Rahmen ihres nächsten Treffens reagierte.

Mit „Nachruf auf eine unsägliche Entwicklung“ vom 6.Juni 2018 ist verständlicherweise Ihre tiefe Enttäuschung überschrieben, als diese vereinbarte Regelung einen Monat später – scheinbar durch Papst Franziskus selbst – wieder rückgängig gemacht wurde. Wie stark Sie mit den betroffenen Menschen empfinden, zeigt Ihr Hinweis, „dass viele der Betroffenen schon längst das ganz selbstverständlich praktizieren, was der Würzburger Synode bereits vor 42 Jahren in einer Bitte an die Bischöfe um Klärung vor Augen stand und nunmehr hätte empfohlen werden sollen: im Einzelfall unter besonderen Umständen nach geistlicher Beratung und individueller Gewissensentscheidung die Kommunion zu empfangen.“

Wie die Orientierungshilfe mit dem Problem der kirchenrechtlichen Grundlage für einen gemeinsamen Kommunionsempfang konfessionsverschiedener Ehen umgeht, wird sehr klar und hilfreich zum Ausdruck gebracht: „Die Orientierungshilfe geht davon aus, dass in konfessionsverschiedenen Ehen im Einzelfall der geistliche Hunger nach dem gemeinsamen Empfang der Kommunion so drängend sein kann, dass es eine Gefährdung der Ehe und des Glaubens der Ehepartner nach sich ziehen könnte, ihn nicht stillen zu dürfen. Das gilt insbesondere für die Ehepaare, die ihre Ehe sehr bewusst aus dem gemeinsamen christlichen Glauben leben möchten und deren Ehe schon jetzt die Konfessionen verbindet. Hier kann ein ‚schwerwiegendes geistliches Bedürfnis‘ entstehen, das es nach dem Kirchenrecht (auf der Grundlage von c. 844 § 4 CIC) möglich macht, dass der evangelische Ehepartner zum Tisch des Herrn hinzutritt.“

Mit Recht erinnern Sie darüber hinaus an die grundlegenden Aussagen und Entscheidungen des II. Vatikanischen Konzils: „Offensichtlich sind die katholischen Prinzipien des Ökumenismus mit ihrem inklusivistischen Kirchenverständnis und der Überzeugung von einer gestuften Kirchenzugehörigkeit auch 50 Jahre nach dem II. Vatikanischen Konzil manchem immer noch fremd.“ Wir sollten keinen Rückschritt hinter die entscheidenden Erkenntnisse und Erfahrungen ökumenischer Verbundenheit und wechselseitiger Wahrnehmung und Begleitung auf dem Weg der Nachfolge Jesu in einer zunehmend säkularisierten Welt zulassen.

Die Orientierungshilfe weist mit Recht auf den hohen und noch immer wachsenden Anteil konfessionsverschiedener resp. -verbundener Ehen in Deutschland hin. Mit dieser Entwicklung nur dogmatisch oder rechtlich-kasuistisch umzugehen, wäre eine fatale Verfehlung der pastoralen resp. seelsorglichen Aufgabe und könnte die säkulare Abwanderung der  Kirchenmitglieder und damit eine „Selbstsäkularisierung der Kirche“ fördern. Selbstverständlich wäre damit eine Aufgabe für beide durch die jeweilige Kirchenmitgliedschaft betroffenen Kirchen gegeben.

Wir teilen mit Ihnen die Hoffnung, dass die Orientierungshilfe der Deutschen Bischofskonferenz doch noch gesamtkirchliche Anerkennung und Verbindlichkeit gewinnen möge.

In großer Dankbarkeit für Ihren überaus hilfreichen und überzeugenden theologischen und pastoralen Dienst in Ihrer Kirche, in der Ökumene und weit darüber hinaus grüße ich Sie im Namen der Kölner Region der deutschen IEF

Ihr Rudolf Weth


 

Pfarrer Dr. Hans-Georg Link
Präsident der deutschen Region
der Internationalen Ökumenischen Gemeinschaft (IEF)
Heumarerstraße 7b, 51145 Köln
 

An den Erzbischof von Köln
Herrn Kardinal Rainer Woelki
Kardinal-Frings-Str. 10, 50668 Köln

Offener Brief zur
Teilnahme nicht-katholischer Ehepartner und Christen an der Eucharistie

Köln, den 23. Juli 2018

Sehr geehrter Herr Kardinal Woelki,
lieber Bruder in Christus,

für Ihre freundliche Antwort, die Sie mir auf die Zusendung der IEF-Dokumentation „Gemeinsam feiern am Tisch des Herrn – Die Feier der Lima-Liturgie in der Wittenberger Stadtkirche“ haben zukommen lassen, danke ich Ihnen vielmals. Es freut mich, dass Sie sich bei Zeit und Gelegenheit damit beschäftigen werden. Wie Sie aus dem Heft entnehmen können, haben sich an diesem ökumenischen Abendmahlsgottesdienst auch ein römischkatholischer und sogar ein koptisch-orthodoxer Bischof liturgisch beteiligt.

Das ist nicht zufällig geschehen, vielmehr als Frucht des 50-jährigen Weges, den wir als Internationale Ökumenische Gemeinschaft (IEF) seit unserer Gründung im Jahr 1967 miteinander gegangen sind, als die offiziellen römisch-katholisch/evangelisch-lutherischen Dialoge in Zürich begannen. Bei unseren jährlichen internationalen Konferenzen, die wir jeweils in einer anderen europäischen Stadt veranstalten, ist es seit Jahrzehnten üblich, dass wir unsere Mitglieder zur Teilnahme an den täglich stattfindenden jeweiligen anglikanischen, evangelisch-lutherischen, evangelisch-reformierten, katholischen und orthodoxen Gottesdiensten einladen. Auf diese Weise ist eine große Vertrautheit mit den verschiedenen konfessionellen eucharistischen Liturgien entstanden. Zu einem Höhepunkt gerät in diesen Gottesdiensten fast regelmäßig der ausführliche Austausch des Friedensgrusses, bei dem wir einander je länger desto mehr als christliche Familie aus verschiedenen konfessionellen Traditionen an einem Altar erfahren.

Im Blick auf die eucharistische Gastfreundschaft in römisch-katholischen Eucharistiefeiern haben wir schon seit Jahren bewegende Erfahrungen im In- und Ausland gemacht, wenn wir eingeladen wurden, als offizielle Gäste an der Kommunion teilzunehmen. Das ist immer nach eingehender vorheriger Besprechung und Vorbereitung mit dem jeweiligen Ortsbischof geschehen. Einige wenige Male haben wir nicht in Deutschland, wohl aber in Polen, Spanien und Ungarn die schmerzliche Erfahrung machen müssen, zum Empfang der Kommunion nicht willkommen zu sein. So ist es den evangelischen Christen auch zu Beginn des Weltjugendtages im Jahr 2005 im Kölner Müngersdorfer Stadion ergangen, dass wir öffentlich ausgeladen wurden. Als betroffener Vertreter evangelischer und katholischer IEFMitglieder darf ich sagen, dass man an solchen geistlichen Verwundungen schwer zu tragen hat.

Aber für uns Mitglieder der Internationalen Ökumenischen Gemeinschaft (IEF) überwiegen bei weitem die tiefgreifenden positiven Erlebnisse, auf dem gemeinsamen Weg zur Kirchengemeinschaft mindestens einmal jährlich die Freude eucharistischer Gemeinschaft mit unseren katholischen Schwestern und Brüdern vorwegnehmend erfahren zu dürfen. Sie gibt uns Kraft und Schwung, auf dem Jahrzehnte langen Weg zueinander nicht aufzugeben, sondern mit jeweils neuer Hoffnung und Zuversicht weiterzugehen. Das geschieht genau so, wie es das Ökumenismus-Dekret (I, 2) beschreibt, dass durch das Sakrament der Eucharistie „die Einheit der Kirche bezeichnet und bewirkt“ wird (significatur et efficitur).

Zu unserer internationalen Gemeinschaft gehören mehr katholische Christen als Mitglieder aus anderen Konfessionen, auch konfessionsverbindende Ehepaare; wir sind eine ökumenische geistliche Gemeinschaft. Auf diesem Hintergrund werden Sie vielleicht nachvollziehen können, dass uns Ihre grundsätzliche Ablehnung des Kommunionsempfangs für nicht-katholische Ehepartner, nicht zu reden von anderen Christen, verletzt und schmerzt. Da im evangelischen und katholischen Eheverständnis „deutliche Übereinstimmungen vorhanden“ sind (Lehrverurteilungen-kirchentrennend?, I, 147) und von katholischer Seite das
Sakrament der Ehe auch als „Hauskirche“ verstanden wird, sollte sich nicht eine Seite als Hausherr aufspielen, die der anderen Seite die Tür weist oder nur zu ihren Bedingungen öffnet. Als lebenslange Hausgemeinschaft sind gerade Ehepartner auf den sie verbindenden und stärkenden gemeinsamen Empfang der Kommunion angewiesen.

Seit dem ökumenischen Aufbruch des Zweiten Vatikanischen Konzils vor gut 50 Jahren befinden sich unsere Kirchen nicht mehr wie zuvor einfach im Zustand der Trennung, aber auch noch nicht in Kirchengemeinschaft miteinander, sondern wie das Ökumenismus-Dekret (I, 3) sagt „in einer gewissen, wenn auch nicht vollkommenen Gemeinschaft“ (in quadam…communione, etsi non perfecta) miteinander. Der über 50-jährige Weg, auf dem inzwischen besonders die evangelisch-lutherische und die römisch-katholische Kirche sich einander angenähert haben, müsste nun auch gottesdienstlich seinen Ausdruck finden. Dazu gehört neben dem regelmäßigen Gedächtnis unserer gegenseitig anerkannten Taufe auch die gelegentliche gegenseitige Einladung zu Teilnahme und Empfang des Abendmahls. In der auch von katholischer Seite offiziell mitgetragenen Lima-Erklärung zur Eucharistie wird dazu schon 1982 festgehalten: „Das Teilhaben am einen Brot und gemeinsamen Kelch an einem bestimmten Ort macht deutlich und bewirkt das Einssein der hier Teilhabenden mit Christus und mit den anderen mit ihnen Teilhabenden zu allen Zeiten und an allen Orten. … Insofern als eine Kirche eine Verkörperung der ganzen Kirche zu sein beansprucht, wird sie Sorge tragen, ihr eigenes Leben so zu gestalten, dass dabei die Interessen und Anliegen von Schwesterkirchen ernst genommen werden… Solange das Recht von getauften Gläubigen und ihren Pfarrern, in einer Kirche am eucharistischen Mahl teilzunehmen und ihm vorzustehen, von denen infrage gestellt wird, die anderen eucharistischen Gemeinden angehören und diese leiten, ist die Katholizität der Eucharistie weniger deutlich“ (Lima-Erklärung zur Eucharistie, Z. 19 mit Kommentar).

Daher geben wir als Mitglieder der Internationalen Ökumenischen Gemeinschaft (IEF) die Hoffnung nicht auf, dass auch im Erzbistum Köln in nicht allzu ferner Zukunft nichtkatholische Christen zum Empfang der Kommunion willkommen sind und nicht länger als Christen zweiter Klasse behandelt werden. Solange es aber noch nicht so weit ist, freuen wir uns, wenn Sie weitere ökumenische Zeichen setzen, wie Sie es am 31. Oktober 2014 mit Ihrem Besuch des Reformationsgottesdienstes in der Kölner Trinitatiskirche getan haben. Ein nächster Schritt könnte darin bestehen, evangelische Christen zur Teilnahme an der Fronleichnamsprozession der Innenstadt einzuladen und mit der evangelischen Gemeinde der Antoniter-Kirche über eine Statio dort das Gespräch zu suchen. Ein weiteres Zeichen wachsender ökumenischer Gemeinsamkeit bestünde darin, Wort-Gottes-Feiern am Sonntag Vormittag zusammen mit evangelischen Gemeinden durchzuführen. Schließlich machen wir uns gern die Bitte von Papst Franziskus zu eigen, in unseren Gottesdiensten öffentliche Fürbitte füreinander zu halten.

So hoffen wir auf weitere Annäherung zwischen unseren Kirchen im Erzbistum Köln mit Ihrer tatkräftigen Unterstützung. Über ein Gespräch mit Ihnen oder Ihrem Vertreter zu den angeschnittenen Fragen würden wir uns freuen. Wir grüßen Sie in ökumenischer Verbundenheit.

Im Namen der Kölner Region der Internationalen Ökumenischen Gemeinschaft

Hans-Georg Link

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